Die letzte Woche im Büro

In der letzten Woche hatte ich nur noch ein Datum im Hinterkopf. Der 19. August, mein Rückflugdatum. Meine Tage im Büro haben sich so angefühlt, als würde ich auf eine wichtige Deadline hinarbeiten. Auf dem Weg dorthin habe ich noch einmal einen immensen Aktionismus an den Tag gelegt.

Vergangene Woche Freitag bin ich mit ehrgeizigen Plänen um 5:30h aus dem Bett gehüpft. Nachdem meine Mitfreiwillige Anna vor 3 Wochen zur Abschiedsfete im Büro eine gigantische Torte gekauft hatte, musste ich mir etwas Gutes für die Kollegen einfallen lassen. Die Idee: Käsespätzle! Der Plan: Früh aufstehen, um die Spätzle vor der Arbeit in die Auflaufform zu bugsieren und in der Mittagspause nur noch in den Ofen stellen zu müssen. Dass es eine Herausforderung werden würde, Käsespätzle für knapp 20 Leute in unserer winzigen und nur mittelprächtig ausgestatteten WG-Küche zu 20170811_091515kochen, war absehbar. Tatsächlich war unser allergrößter Topf gerade so groß genug als Teigschüssel. Was das Prozedere jedoch sehr erschwerte: Ich hatte mir ausgerechnet einen Morgen mit Stromausfall für meine Großaktion ausgesucht. Im Licht meines Handydisplays konnte ich zwar Zwiebeln und Speck schnippeln, Käse reiben und Spätzleteig aus 2kg Mehl zusammenrühren, aber nichts kochen. Knapp drei Stunden später gab es wieder Strom, ich ließ nach und nach die Spätzle zu Wasser, schichtete sie dann in alle in meiner WG und bei den Nachbarn im Vorderhaus vorhandenen Auflaufformen und kam eine gute Stunde zu spät zur Arbeit.

Gegen Mittag flitzte ich die 250 Schritte vom Büro nach Hause zurück, überschmolz die Spätzle im Ofen mit Käse, verpackte sie transporttauglich und schlug den Weg zurück ins Büro ein. Der Name des Gerichts trug maßgeblich zur guten Stimmung bei, denn „Käsespätzle“ auszusprechen ist für englischsprechende Menschen offenbar eine ultimative Herausforderung. Die Spätzle selber lagen offenbar etwas besser auf der Zunge – Zwei Kollegen haben mich sogar nach dem Rezept gefragt.

Obwohl die Spätzle ein reichhaltiges Essen waren, gab  es später noch Schokotorte – von den Kollegen für mich. Dazu noch ein Shirt und einen Rucksack aus mit afrikanischen Mustern bedruckten Stoffen und viele nette Worte. Alles in allem fühlte ich mich schon vermisst, bevor ich überhaupt richtig weg war. Auch ich selber werde meine Kollegen bestimmt vermissen. Auch wenn mir meine Arbeit manchmal auf den Keks ging (immer dann, wenn ich seitenweise Teilnehmerlisten abtippen musste oder in Dienstbesprechungen über Themen, die mich nicht betrafen, fest hing), habe ich das freundliche und lockere Miteinander mit ihnen sehr genossen.

Warum habe ich mich schon am Freitag verabschiedet? Das lag vor allem daran, dass ich meine allerletzte Woche in einem so gut wie leeren Büro verbracht habe. Nahezu alle Kollegen waren in Johannesburg, wo vom 16. bis  18. August das Gipfeltreffen des Southern African People´s Solidarity Network stattfand. AIDC war an der Organisation maßgeblich beteiligt, hatte wichtige Teile der Arbeit aber auf die letzte Minute verschoben. Deswegen habe ich am Montag  und den halben Dienstag lang zusammen mit vier anderen Kollegen 1000 Namensschildchen zugeschnitten, auf Karton geklebt und jeweils auf eine Schnur zum Umhängen gefädelt.

Obwohl ich bei AIDC in den letzten Monaten „nur“ die Freiwillige war, war kopieren nicht meine einzige Aufgabe. Nichtsdestotrotz habe ich mich in der Zeit zur versierten Dompteurin des widerspenstigen Geräts gemausert. Mit der Broschüreneinstellung kann der Drucker sogar  gefalzte und getackerte Heftchen ausspucken – und weil ich einen Überblick über die nötigen Einstellungen habe, durfte ich in der vergangenen Woche Booklets nachdrucken. Einmal aufs Knöpfchen drücken und dann nur noch warten? Schön wär´s! In sehr regelmäßigen Abständen fiept nämlich der Drucker und verlangt nach Papier, Toner oder dem Ausleeren der Dokumentenausgabe. Und bei 100 Booklets a 60 Seiten wird dann auch das Bewachen des Druckers zur tagesfüllenden Aufgabe.

DSC_0226Diese beiden Großaktionen hätten beinahe die Fertigstellung meines eigenen Projekts, eines dritten Stop-Motion-Films über den Klimawandel gefährdet. Zum Glück war mein treuer Sprecher, Sizwe, nicht mit den anderen in Johannesburg und hatte die Muße, den Text für mich einzusprechen. Tatsächlich habe ich die Tonaufnahme und den Schnitt an nur zwei Tagen durchgezogen, für eine englische und xhosasprachige Version. Was mich fast wahnsinnig gemacht hätte, ist, dass der Xhosa-Sprechtext so viel länger dauert als die englische Version. Schon das Wort für Klimawandel, „ukuguqu-guquka kwmozulu“ (mit zwei geschnalzten q) ist im Vergleich zu „Climate Change“ ein Ungetüm. Um die wortreichen Erklärungen auszugleichen, habe ich auch mit den Bildern noch etwas umdisponieren müssen. Donnerstagnachmittag dann konnte ich die Filme dann tatsächlich speichern und auf der Website hochladen, dort sind sie nun verfügbar.

Was für eine Woche! Ein Stromausfall, mehrere Großeinsätze und ungezählte Abschiede. Den Freitag nahm ich mir daraufhin frei, um meinen Koffer packen zu können – in Ruhe.

 

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